GESCHICHTE & KULTUR
Wie bei allen Erfindungen ist es auch bei der Erfindung des Rollschuhs schwierig, einen einzelnen Erfinder zu bestimmen. Die ersten dokumentierten Rollschuhe wurden 1743 bei einer Londoner Theateraufführung gesehen, bei der Schauspieler auf der Bühne herumrollten, um das Schlittschuhlaufen zu imitieren. Wenig später stellte ein belgischer Erfinder namens John Joseph Merlin sein erstes Paar Rollschuhe auf einem Maskenball im Jahr 1760 vor. Während er herumrollte und gleichzeitig versuchte, Geige zu spielen, verlor er das Gleichgewicht und prallte gegen einen Spiegel! Dazu kam, dass seine Rollschuhe noch keine Bremsen hatten, was das Rollschuhfahren noch schwieriger machte.
Im Jahr 1863 erfand ein Mann namens James Plimpton den modernen Rollschuh und nannte ihn den "Rocker-Skate". Sie ermöglichten es den Menschen, durch das Neigen nach links oder rechts zu lenken und waren auch viel sicherer als andere Rollschuhmodelle jener Zeit. In den 1860er Jahren eröffnete Plimpton die allerersten Roller Rinks in New York City und Rhode Island und vermarktete das Rollschuhfahren als geeignete Freizeitbeschäftigung für junge Männer und Frauen. Die Begeisterung für den Sport war so groß, dass es in den 1880er Jahren bereits 3000 Roller Rinks in Amerika, England, Europa und Australien gab.
Im 19. Jahrhundert waren die Roller Rinks gut besucht und hatten Orchester oder Organisten, die Live-Musik spielten. Nach einiger Zeit wurden Roller Rinks jedoch als zwielichtige Orte bekannt und verloren an Beliebtheit. Erst als sich die Betreiber der Roller Rinks zusammenschlossen, erlebte das Rollschuhfahren zwischen den 1930er bis 1950er Jahren einen erneuten Höhepunkt.
Die 1950er Jahre waren eine beliebte Zeit für Diners, Milchshakes und Rollschuhe. "Drive-in- Diners" waren bekannt für ihre Carhops (KellnerInnen die das Essen auf Rollschuhen zu den Autos brachten) und waren einer der beliebtesten Orte für Fast Food in Amerika.
Die Kombination von Rollschuhen, Disco Musik und Tanzen löste in den 1970er Jahren das Rollschuh-Disco-Phänomen aus, das die Vereinigten Staaten erfasste. Sogar viele Promis wurden in dieser Zeit auf Rollschuhen gesichtet, darunter Cher, Diana Ross, Miles Davis und Stevie Wonder. Die Rollschuh-Disco-Ära der 1970er Jahre inspirierte infolge auch viele kultige Filme wie Roller Boogie, Skatetown USA, Roller Ball und Xanadu.
Rollschuhfahren ist auch tief in der Afro-Amerikanischen Kultur verwurzelt. Roller Rinks spielten eine wichtige Rolle in der Bürgerrechtsbewegung der 1950er und 60er Jahre. Sie waren einer der drei öffentlichen Räume, die am schwersten zu desegregieren waren. Schwarzen AmerikanerInnen wurde der Zutritt oft verweigert und sie mussten für ihr Recht auf das Rollschuhfahren kämpfen. Das erste Sit-In fand 1949 vor einem Roller Rink in Chicago statt.
Nach der Verabschiedung des Bürgerrechtsgesetzes im Jahr 1964 wurde weiterhin gegen Schwarzen AmerikanerInnen in Roller Rinks diskriminiert, und der Eintritt war ihnen nur an einem Abend der Woche erlaubt. Diese Nacht hieß ursprünglich "Black Night" und wurde später auf "Soul Night", "MLK Night" und schließlich "Adult Night" umbenannt.
Rollschuhfahren war für Schwarze Menschen in Amerika eine Möglichkeit, sich trotz ständiger Diskriminierung frei auszudrücken. Hieraus entwickelte sich die Schwarze Rollschuhkultur und das, was wir heute als Rhythm and Jam Skating kennen. Dank dieser Community wurde das Rollschuhfahren über all diese Jahre am Leben erhalten und es entstanden durch sie eine Vielzahl unterschiedlicher Stile. Wir empfehlen den Dokumentarfilm "United Skates" um mehr über die Geschichte zu erfahren sowie über die Menschen, die für den Erhalt der letzten noch bestehenden Roller Rinks in Amerika kämpfen.